Psychologen alarmieren: Die Seele wird bei vielen in dieser weltumspannenden Krise sehr strapaziert. Ich habe einen Tipp
– na, eher eine Übung – für die innere Einkehr in instabilen Zeiten: »Atmen« und das »Jesus-Gebet«. Da es sehr persönlich und innerlich wird, bleibe ich mal beim vertrauten Du.
Diese Gebetsübung kommt aus der russisch-orthodoxen Tradition. Eigentlich ist es ganz schlicht und entfaltet seine Kraft durch wiederholte Übung. So kannst du es einüben: Setz dich ruhig und entspannt hin, wo du dich wohl fühlst. Achte auf dein Atmen.
• Beim Einatmen bete bewußt den Anruf: »Jesus Christus!«
• Beim Ausatmen bete den Ausruf: »Erbarme dich meiner!«
Wichtig. Es braucht Zeit, bis du deinen Rhythmus gefunden hast. Einatmen-ausatmen-beten. Habe Geduld und übe es täglich 5-7 Minuten. Es braucht eine längere Übung, bis es wie von selbst fließt. Irgendwann wirst du merken, wie »es« in dir weiterbetet, den ganzen Tag hindurch. Darum nennt man dieses Gebet auch immerwährendes Gebet oder Herzensgebet.
Dazu noch eine Erklärung aus dem großen Schatz der Bibel. Es ist die Welt- und Gotteswahrnehmung einer mehrere Tausend Jahre vor uns lebenden Kultur. Aber vielleicht lernen wir heutzutage wieder etwas, was uns verloren gegangen ist: Gott beatmet alles, was lebt.
Im Psalmgebet finden wir dieses Lobgebet auf den Schöpfer:
»Mensch und Tier halten Ausschau nach dir.
Bibel Psalm 104, 27-30
Du gibst ihnen Nahrung zur richtigen Zeit.
Wendest du dich ab, erschrecken sie.
Nimmst du ihnen den Lebensatem,
dann sterben sie und werden zu Staub.
Schickst du deinen Lebensatem aus,
dann wird wieder neues Leben geboren.
So machst du das Gesicht der Erde neu.«
Ich lese es so:
Jeden deiner Atemzüge hauchte Gott dir ein. Und wenn ein Mensch geboren wird, warten da nicht alle darauf, dass der kleine Mensch seinen ersten selbständigen Atemzug tut? Es ist ein riesiges Wunder, das da selbständig lebt und atmet. Wenn wiederum ein Mensch sein Leben abgibt, seinen letzten Atemzug aushaucht, übergibt er – wie Jesus es am Kreuz betete – seinen Geist an Gott. So ist alles Lebende beatmet und behaucht vom schöpferischen Geist Gottes.
Selbst wenn dir beim bewußten Atmen neue, vielleicht auch schmerzhafte Gefühle begegnen: Atme einfach weiter. Durch die Nase ein und durch den Mund aus. Der Schmerz darf kommen und wird wieder abklingen. Jesus ist da im Jesus-Gebet. Alles ist gut. Und wenn du kaum eine Minute still sitzend schaffst. Dann übe erst einmal, auf deinen Atem zu achten, welcher Atemrhythmus dir entspricht.
Am Anfang ist es eine Hilfe, die Worte laut auszusprechen: „Jesus Christus!» und dabei einatmen. „Erbarme dich meiner!» und dabei die Luft aushauchen. So finden Atem und Worte zueinander. Mit der Zeit wurde es ganz natürlich. Und auch unhörbar klingen die Worte beim Atmen innerlich mit. So könnte die Fastenzeit bis Ostern eine Zeit der Einkehr werden. Einkehr in den tiefen Grund des Lebens, Gott selbst. Er trägt und belebt uns.